Dienstag, 8. Mai 2007

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Ich gehe. Ich gehe und fühle. Ich gehe und atme. Der Dunst steigt auf, die Kälte brennt in meinem Hals. Was auch immer ich getan habe, die Strafe scheint mir zu schön. Wo warst du als es passierte, wo warst du als ich dich gerufen habe. Mein Ruf verhallte in der Stille der Nacht.

Schon lange lebe ich allein. Schon lange gehe ich nicht an die Tür, wenn es läutet, wenn die Welt mich sprechen möchte. Einst war ich bei euch, doch die Lüge hat mich eingeholt. Die Lüge vom Leben, die Lüge vom Tod. Wie kann ich etwas fürchten, dass so unweigerlich ein Teil meines Seins ist, wie das Leben selbst. Ist das Leben nicht nur ein kleiner Abschnitt unseres Seins, ist es nicht nur die Einleitung unseres Romans?

Sollte ich heute sterben, was würde es ändern? Gäbe es mich dann nicht mehr, ist das Leben reine Ironie? Man strebt nach Liebe, nach Glück und Zufriedenheit, erreicht es oder eben nicht und dann ist alles vorbei. Es gibt kein Ich, kein Du mehr. Das war nur ein kurzes Schauspiel. Sollte das stimmen, welchen Sinn hätte es sich weiterzubewegen? Warum schöne Erinnerungen sammeln, wenn man dann selbst nicht mehr ist um sich daran erinnern zu können?

So fragte ich mich mein Leben lang. Um Antworten zu finden musste ich erst sterben, und so tat ich das schließlich auch. Mein Körper war nur noch das was nach Jahren des Strebens übrig geblieben war. Mein Geist war gefangen in einem Gehirn, dass immer mehr abbaute, so dass er nur dabei zusehen konnte, wie alles zu Ende geht, wie die eigene Hilflosigkeit zum Himmel stank. Nun bin ich also hier, und ich will gar nicht verraten wo das ist, denn so lautet die Regel.

An dem Tag, als ich meinem Leben ein Ende bereitet habe, überlegte ich noch welche Strafe mir dafür wohl auferlegt werden würde. Schließlich fürchtet man sich vor dieser einen Göttin oder diesem einen Gott, die es gar nicht zu schätzen wissen, wenn man das Geschenk des Lebens einfach so wegwirft. Ich war es leid zu warten, ich war es leid, meinem Körper bei seiner Selbstzerstörung zuzusehen. So habe ich es also getan, denn mein Wille war schon immer stärker als mein Körper. In der Nacht als es passierte habe ich Gott gerufen, er möge mich retten, mir den richtigen Weg zeigen, doch er antwortete nicht, ich war allein, einsamer als je zuvor.

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