Montag, 30. Juli 2007

20
Seine Frau zu verlassen war die schwerste Entscheidung, die Daniel je getroffen hatte. Er hatte lange darüber nachgedacht. Er hatte die Vor- und Nachteile genauestens betrachtet, hatte tagelang in sich hineingehört und dann, als er sich sicher war, dass es kein Zurück mehr geben würde, hatte er es nicht mehr übers Herz gebracht, seine Frau weiter zu belügen. Er hatte auch lange überlegt, wie es zu diesem Umschwung in seinem Denken gekommen war und die Wahrheit bestand darin, dass in den letzten Monaten, nichts mehr so funktioniert hatte, wie es sollte. Nichts bei der Arbeit ging ihm mehr einfach von der Hand, es tauchten immer mehr Probleme auf und Daniel wurde immer unglücklicher. Er erkannte, dass er seine Arbeit nur ertragen hatte, weil er nie auf Probleme gestoßen war. Als nun aber nichts mehr so lief wie er es vorgesehen hatte, als er sich immer mehr anstrengen musste um weiter erfolgreich zu sein, da plötzlich hasste er seine Arbeit, denn er erkannte, dass er nicht dazu bereit war dafür mehr als die nötige Energie zu verschwenden. Er musste feststellen, dass ihm seine Arbeit in keiner Weise am Herzen lag. Es war ihm egal ob die Aktienkurse fielen oder stiegen, die Ziele seiner Firma waren ihm nichts wert. Was ihm an seinem Job gefallen hatte, war der Erfolg, das Vorwärtskommen in der Hierarchie und die ständig wachsende Macht, über die er verfügte. Er war gut in seinem Job, auch wenn er ihn nicht besonders schätzte, doch er war gut darin und hatte sich als junger Mann dazu entschlossen seinen Talenten zu folgen und nicht seinen stets wiederkehrenden Launen.
Mittlerweile hatte er vergessen was ihn wirklich glücklich machte. Er hatte so lange seine innersten Wünsche unterdrückt, dass er sie nicht einmal mehr kannte. Jetzt schwebte er in dieser Leere, in der er nicht wusste wie seine Zukunft aussah. Dieses Gefühl beängstigte ihn, denn er kannte es nicht, und das Wissen darüber, dass dieses Gefühl der Orientierungslosigkeit ihn wohl lange begleiten würde bedrückte ihn. Es war ihm als taumle er im leeren Raum.
Seine Arbeit hatte er gekündigt noch bevor er es seiner Frau erzählen konnte. Das Gefühl auf diesem Wege nie mehr glücklich zu werden, die Aussicht, höchstens wieder eine gewisse Zufriedenheit zu erreichen, lähmte ihn. Alles was er nun noch wusste war, dass er etwas ändern musste, denn der Gedanke hatte sich ihm aufgedrängt, dass er wohl nur einmal leben würde und egal was seine Bekannten und Freunde, Familie und Kollegen dachten, er musste tun was er für richtig hielt, er musste sein Leben ändern, ein für alle mal.

Lange Nächte habe ich mit ihm diskutiert, habe ihm zur Seite gestanden. Ich litt darunter, denn wenn er erwachte wusste er nicht mehr wer ich bin, solange er schlief jedoch, war ich seine wichtigste Ratgeberin. Wenn Daniel in letzter Zeit immer öfter aus dem Schlaf hochschreckte, dann war es weil er dem wahren Problem immer näher kam und es machte ihm Angst. Die Menschen lieben es, einfach vor sich hin zu leben und keine lebensverändernden Entscheidungen zu treffen. Ihnen fehlt es an Zuversicht in ihr Schicksal, sie glauben nicht daran, dass es das Risiko wert sein muss.

„Fürchte dich nicht“ sagte ich zu ihm „ich bleibe bei dir, egal was passiert.“

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