Samstag, 9. Juni 2007

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Als Daina aus der Arbeit kam war sie erschöpft. Es war Montag und sie hatte den ganzen Tag lang Telefonate mit Geschäftspartnern geführt. Wenn sie mal ein paar Augenblicke Zeit hatte zu verschnaufen, wanderte ihr Blick zu dem Schreibtisch im Büro gegenüber, an dem ich einst gesessen hatte und an dem nun eine hübsche, dynamische Jungakademikerin saß und ihr bestes gab um vor dem Chef einen gute Figur zu machen. Daina erinnerte sich noch genau an meine Tischpflanze, die Fotos von Freunden und die vielen kleinen bunten Notizen, die ich mir auf meinen Bildschirm zu kleben pflegte.
Es schien ihr, als würde diese neue Person in jeder Sekunde, die sie an diesem Tisch arbeitete, mein Andenken schänden. Mein Tod hatte schlussendlich dazu geführt, dass sich Daina hin und wieder Gedanken darüber machte, was es im Leben außer der Arbeit und ihrem kleinen Fernseher sonst noch geben könnte und manchmal, vor allem in diesen traurigen und einsamen Momenten, schien es ihr, als gäbe es Dinge, die viel größer und bedeutender sind als all diese alltäglichen Begebenheiten.

In den letzten Jahren war Daina vermehrt auf der Suche nach Liebe gewesen. Sie hatte nach diesem einen Partner gesucht, der sie unterstützt wenn es ihr schlecht geht, der sie pflegt, wenn der Stress überhand nimmt. Und doch hatte sie nie jemanden gefunden, der lange bei ihr bleiben wollte, denn was sie nicht verstanden hatte war, dass diese Dinge, nach denen sie bei ihren Partnern gesucht hatte, nicht die wahre Liebe waren. Dies waren nur die Bequemlichkeiten einer Beziehung, nicht ihre Quelle.

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